Otago Central Rail Trail

150 km geradeaus auf Schotter – wer will das denn? 25.000 Biker radeln hier jährlich. Der älteste Bahnradweg in NZ ist wirklich abwechslungsreich und einfach zu fahren – auch wenn er hier eher langweilig wirkt. Viele Kiwis radeln hier am Wochenende vorwiegend Teilstrecken. Zahlreiche Touristen spulen in 3 oder 4 Tagen die kompletten 150 km ab. Manche begleitet und versorgt aus einem Transporter heraus.

Die Eisenbahnstrecke wurde angelegt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Ein Goldrausch lockte Bergleute, Siedler, Händler, Abenteurer und Goldwäscher Ins zentrale Otago nach Alexandra, Clyde und in die kleinen Dörfer rund herum. Die Verbindung zur Stadt Dunedin schuf die Eisenbahnlinie ‚Otago Central Railway‘. Hundert Jahre etwa, dann wurde die nördliche Teilstrecke zwischen Alexandra und Middlemarch stillgelegt und dieser Radweg daraus.

Zwischen  Middlemarch und Dunedin verkehrt die historische Bahn immer noch auf einer spektakulären Strecke. Am nächsten Montag möchte ich mit dieser spannenden Bahnfahrt meinen Otage Central Rail Trail passend abschließen.

Schneebedeckte Bergspitzen entlang des Trails am sonnigen Donnerstagmorgen. Der Wintereinbruch der letzten Tage hat alle Gipfel über 1000 m gepudert. Weiße Berge über dunklen Hängen unter blauem Himmel sind typisch für Otago, aber nicht im Hochsommer. Das Land zeigt seine Schönheit im Extremen.

Vier Tage trödele ich gemütlich entlang dieser immer wieder Neues bietenden Bahntrasse. Auf den ersten 70 km steigt sie fast unmerklich aber stetig an. Bis auf 618 m Höhe. Auf der zweiten Hälfte fällt der Kiesweg dann genauso allmählich ab.

Den autofreien Weg genieße ich nach all dem Verkehr auf den Highways und dem Gedränge in Queenstown.

Vorbei an leise gurgelnden Bächen

und felsigen Schluchten,

über gewagte Brücken,

durch dunkle Tunnel.

Zwitschernde Vögel, glucksendes Wasser, die im Schotter knirschenden Reifen – mehr hör ich nicht.

Malerisch das Farbenspiel mit blauem Himmel, weißen Bergspitzen, braun-grauen Felsen, dunkelgrünen Kiefern und saftig grünen Sumpfwiesen, in denen schmale Bachläufe glitzern.

Dazwischen schroffes Schiefergestein und klotzige Solitärfelsen.

Diese ‚Tors‘ (gälisches Wort für gewölbter, verbeulter Hügel/Berg) genannten Brocken sind aus dem Meeresboden hervorgegangen. In Jahrmillionen wurden durch Erosion weichere Gesteinsarten abgetragen und weggefegt, bis diese Sonderlinge übrig blieben. So was lerne ich auf den Infotafeln in den ochsblutroten ‚Ganger’s Sheds‘, den ehemaligen Hütten für die Vorarbeiter der Eisenbahner, die an allen ehemaligen Haltestellen zur Rast einladen und auf Informationstafeln Wiisenswertes zeigen.

Vorher hab ich schon gehalten in Galloway am ‚ladies waitingroom‘. Damals sicherlich begrüßt von den weiblichen Fahrgästen, aber nicht einmal sitzen konnten die Damen in dem Wartehäuschen.

Über die Manuherikia Bridge

komm ich zur Station Chatto Creek, wo es das kleinste Postamt Neuseelands gab.

  

Ins idyllische Straßendörfchen Ophir mach ich einen kurzen Abstecher über die O’Connell bridge.

Keine 50 Häuser hat der Ort – manche noch im verblichenen Goldrausch-Look,

andere aufwändig restauriert

oder neu gebaut mit Cottage für die (Rad-)Touristen.

In meinem ersten Etappenort Omakau erinnert auch so manches Gebäude an bessere Zeiten

  

 

 

Das  Omakau Commercial Hotel gibt’s schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. In einem der charmanten alten Zimmer schlafe ich eine Nacht.

Für einen Abstecher ins 25 km entfernte St. Bathans und dem ‚Blue Lake‘ lass ich mein Gepäck am Freitsgmorgen in Lauder in einem Café. Das Bergdorf möchte ich sehen, weil der neuseeländische Maler und Fotograf Graham Sidney sich dorthin zurück gezogen hat, von dem mir ein Bildband in Queenstown so gut gefiel.

Die Bathans Range bildet das Hintergrund-Panorama der Dorfkulisse.

Hotel und Gaststätte sind Dorftreffpunkt.

Der See in den Kalksteinformationen ist die landschaftliche Attraktion.

Zurück in Lauder folgt bis Auripo ein fast dramatischer Streckenabschnitt. Zum zweiten Mal über den Manuherikia. Diesmal auf einer gebogenen Brücke.

Dann die Poolburne Gorge,

ins Ida Valley

 

und schließlich noch über das 37 m hohe Poolburn Viaduct. Das alles auf 10 km.

Im Ida Tal immer wieder flache kleine Seen

an denen Schafe grasen,

sich Wasservögel tummeln

und einmal schaut von einer höher gelegenen Wiese ein imposanter Hirsch runter, importiert und eingezäunt.

Direkt am alten Bahndamm Apfelbäume voller rot leuchtender Früchte, einzelne Birnbäume und auch Mirabellen. Das Obst braucht noch etwas Sonne bis zur Reife..

Nach dem höchsten Punkt geht’s über Wedderburn lange geradeaus und immer bergab. In Hyde ist auch die Inneneinrichtung des alten Bahnhos noch weitgehend  erhalten.

In Ranfurly endet gerade der erste Tag eines Duathlon-Wettbewerbs auf dem Trail. Morgen geht der ‚Run-bike-run‘ weiiter bis Middlemarch, dem Endpunkt des Trails, auf der gleichrn Strecke, die auch ich morgen fahre.

Am Sonntag morgen bin ich schon vor den Duathleten auf dem Trail. Die Streckenposten bitten mich ganz weit links zu fahren, damit die Renner ungefährdet passieren können.Die erdten schnellen Sportler überholen mich in Waipiata. Vor einer Brücke bei Daisybank warte ich, damit ein junger Fahrer ungehindert vor mir rüber brettern kann. Der Radstreifen ist auf der Brücke nur ganz schmal und liegt tiefer als die alten Eisenbahnschwellen. Als er an mir vorbei ist, beeile ich mich rüber zu kommen. Prompt stoße ich mit der rechten Lowrider-Tasche an eine Schwelle. Der Lenker schlägt nach links um. Mit dem linken Handrücken bleib ich im Maschendraht hängen, der von innen an das Geländer genagelt ist.

Ich schau mir die blutige Hand an. Da kommen schon die nächsten Radrenner. Schnell weiter, rüber auf die andere Seite. Bloß niemanden im Weg stehen!

Aber meine Tasche liegt noch auf den Schwellen. Zu Fuß kann ich sie holen, ohne die Duathleten zu stören. Kurz vor drei Uhr erreiche ich Middlemarch und bin am Ziel des Otago Central Rail Trails.  Trotz des blöden Unfalls zum Schluss vier herrliche Tage auf einer wunderschönen Strecke. Dazu noch ein paar Fotos: