Bangkok 1

Über meine Tage in Bangkok zu schreiben, fällt nicht leicht. Weltstadt, Shopping-Hauptstadt, Smog-Metropole, Wirtschafts- und Kultur-Zentrum, zügelloses Vergnügen im Nachtleben billiges Essen auf dem Bürgersteig, Tempel und Paläste im Verkehrschaos. Erst 240 Jahre alt, aber auf 17 Millionen Menschen im Großraum expandiert. Reichtum, Glanz, unerhörter Luxus und dicht daneben Armut, Elend, bittere Not. Die Gegensätze, die Hektik, diese Dimensionen unter der schwülen Dunstglocke, da reichen vier Tage nicht, um mich wohl zu fühlen. Und doch gibt es Begegnungen, Momente, Orte, an denen Bangkok sich lebenswert zeigt.

Im Nachtzug von Trang nach Bangkok find ich es noch entspannter und bequemer als beim ersten Mal. 250 km länger und viel mehr Haltestellen, da muss ich nur noch geduldiger sein.

Um 9.00 Uhr morgens wage ich mich in das Bangkoker Verkehrsgewimmel. 4,5  km, sagt das Navi bis zum Hotel.

Solche digitalen Staumelde-Tafeln sind weder für mich noch für viele andere Ausländer hilfreich. Wir können keinen einzigen Buchstaben davon lesen.

Auf der 8 spurigen Rama IV Road muss ich hinter dem Lumphini- Park rechts abbiegen. Das ist eine echte Herausforderung. Von ganz links über vier lückenlos proppenvolle Spuren nach ganz rechts. Bleibt mir nur, mich an der Ampel zwischen den Schlangen wartender Mopeds, Bussen, Taxen und Tuktuks möglichst schnell hindurch zu mogeln. Und dann bei Grün – nein, das läuft hier anders.

An großen Ampelkreuzungen wird die Dauer der Rot- und Grünphasen in runter zählenden Sekunden angezeigt.  Das führt zu Formel-1-artigen Starts unter den Mopedfahrern, die sich alle vor den Autos aufgereiht haben. Bevor die Ampel umspringt, geben die Jungs Gas. Volles Rohr düsen sie los, achten dennoch auf möglichen Querverkehr von rechts. Denn da kommt immer noch mindestens ein Lebensmüder, der trotz Rot 90 noch durchgefahren ist.

Ich trete rein, so kräftig ich kann. Diagonal nach rechts quere ich die Riesenkreuzung. Für zwei, drei Sekunden bin ich – ups – alleine. Die Mopeds sind alle schon voraus. Autos und Busse brausen von hinten heran.

Einige hupen, wenige winken, eon Busfahrer schimpft, weil ich ihm die linke Spur streitig mache, die er als reine Busspur nur für sich in Anspruch nimmt, obwohl die Tafel was anderes meint.

Über mir die Betonbahnen der Schnellstraße oder der ’skytrain‘ auf den noch höheren Pfeilern. Eine Hochbahn, die Stadtzentrum und Flughafen verbindet.

Menschlichenfreundlicher, wenn auch nicht weniger problematisch, wird dieser hektische Verkehrswahnsinn, wenn ich sehe, dass auch die langsameren, älteren

und Kinder noch durchkommen, weil viele ein Auge für sie und manchmal mehr als einen Augenblick Geduld haben mit den schwächeren.

25 Minuten brauch ich bis zum YWAC Hotel in Sathon.

Gegenüber der Lumphini-Park, neben an Banken und Versicherungen,

Die deutsche Botschaft 200 m entfernt. Nicht das schlechteste Quartier.

Der Empfehlung meines Reiseführers folgend nehm ich mir für den ersten Tag nur zwei Dinge vor: 1. Überblick verschaffen z. B. vom ‚Golden Mount‘

2. Weltstadt auf mich wirken lassen z. B. in einem Café an der berühmten Khaosan Road.

Beide Ratschläge sind nicht so die Bringer. Der Blick vom nur 90 m hohen künstlichen Berg mit dem goldenen Chedi öffnet einem zwar die Vorstellung, wie riesig diese Stadt ist. Aber bei deren Ausmaßen und der grau-beigen Dunstglocke, die sie umhüllt, ist eine Orientierung unmöglich.

Nachmittags von 2 bis 3 in einem Café an der Khaosan auf die vorbei schlendernden Touris zu gaffen, bringt nichts an Weltstadt-Flair oder Asien-Metropolen-Atmosphäre, von denen mein Buch schwärmt. Der Kaffee ist labberig, das Bier doppelt so teuer, die Passanten deutsche Familien, widerliche Nacktbäuche oder junge Mädchen mit Rosen. Valentinstag im Traveller-Ghetto.

Auf dem Rückweg will ich wenigstens die Riesenschaukel auf der Brücke vor dem Rathausplatz sehen. Wo ist denn bitte die Schaukel?

Amüsant dagegen die Buddha-Auslagen in den Geschäften. Von wegen „Buddha ist keine Deko“!

Nach 16.00 sind die Straßen deutlich voller als heute Mittag. Auf der Rama IV heißt das für Autos Stop & Go. Mopeds und ich fummeln uns irgendwie durch. Den letzten Kilometer roll ich locker durch den Lumphini-Park. Da darf ich um diese Zeit auch schneller fahren.