GAST ARBEITER

Shiraz, 24. 02. 2009

Nach der zwergenepisode fahren wir schweigend hinter einander. Gegen vier uhr fängt’s  zu regnen an. Shiraz ist heute nicht mehr drin. An einer modernen tankstelle, neben der zwei pavillon artige neue gebäude wie eine raststätte wirken, frage ich nach einer übernachtungsmöglichkeit. Ein tankwart verweist mich an seinen chef. Ohne viele worte bringt er uns auf die anderen straßenseite zu einem fabriksgelände mit unterkünften für die arbeiter. In Nouris zimmer – er ist Afghane,  buchhalter in dem werk, kann was am pc und english  –  dürfen wir unsere schlafplätze einrichten. Gerne isst er mit von unseren nudeln mit auberginen-tomaten-gemüse und thunfisch.

 

Nach dem abendessen besucht uns erst der jüngere sohn des chefs, dem Nouri nach feierabend unterricht erteilt. Mit seiner schwester zusammen lernen sie gerade photoshop kennen und sprechen englisch dazu. Nachdem der chefsohn gegangen ist, trudeln nach und nach die anderen afghanischen arbeiter in unser zimmer.

Lange erzählen wir über ihr leben hier und in ihrer heimat. Wegen der besseren verdienstmöglichkeiten sind sie in den Iran gekommen. Sie kommen alle aus dem norden Afghanistans, sind usbekischer abstammung und fühlen sich von den anderen ethnischen gruppen in ihrem land benachteiligt. In dem betrieb werden stahlträger für fertigdecken verschweißt und in beton gegossen. Sie arbeiten in zwei schichten, täglich neun stunden. sechs tage in der woche.

Im monat erhalten sie umgerechnet 200 €. Davon schicken sie in der regel mehr als die hälfte nach hause zu ihren familien, die sie zwei jahre nicht sehen werden. Sie sind mit ihrem job sehr zufrieden, vor allem weil sie in der werksunterkunft billig und nah und zusammen untergebacht sind.

Als um 24.00 uhr die zweite schicht endet – wir schlafen schon – weckt Nouri uns. Der ältere sohn des chefs und der leiter der transportabteilung möchte uns noch sprechen. Wir sind überhaupt nicht begeistert, kommen aber nicht umhin. Dank Nouris übersetzung können wir ihre fragen rasch beantworten. Wir fassen uns ziemlich kurz. Die beiden lassen uns dann nach etwa 20 minuten weiter schlafen. Während ihres besuchs warten vor der tür mehrere arbeiter der zweiten schicht, die von dem transportleiter noch nach hause gefahren werden.

Am morgen informiert Nouri uns, dass der iranische betriebsleiter uns den ablauf der produktion zeigen möchte. Wir können wieder nicht nein sagen. Alle im werk sind gut gelaunt und freundlich zu uns. Ganz stolz zeigen sie uns die einzelnen abläufe und die funktion der schweißautomaten. Gegen zehn fahren wir weiter. Vorher hat Nouri sich noch einige fotos von unseren kameras auf seinen pc geladen. Für den unterricht, meint er. Unsere iranischen telefonnummern will er auch wissen. Seitdem ruft er immer wieder mal an und fragt, wie’s uns geht. Noch etwas fragt er mehrfach: Ob sein englisch wohl ausreichend sei, um in Europa zu arbeiten. Er würde zu gerne in London leben.