BRAV GEBLIEBEN

Sharjah, 06. 02. 2009

Vor einem monat ist Elvira nach hause geflogen. Eine woche hat Saskia mich besucht.  Ansonsten habe ich im Januar nur rum gehangen. Konsulate und Botschaften gesucht und gewartet. Antraege gestellt, veraendert, neu eingereicht und wieder gewartet. Mich brav in die reihe gestellt, freundlich gelächelt, demütig gebuckelt und noch laenger gewartet. Mit wachsendem unbehagen über die eigene hilflosigkeit. Mit einem ungewohnten gefühl  rechtlicher ohnmacht. Mit dem widerwärtigen empfinden amtlicher willkür.

Beim ersten besuch ist das usbekische konsulat überfüllt. Die schlange reicht bis draußen. Niemand gibt mir irgendeine auskunft. Ich lerne aber durch beobachtung, dass ich den antrag ausfüllen und mit der kopie des reisepasses und dem foto abgeben darf, wenn ich an der reihe bin. Bis dahin vergeht eine stunde. In dieser zeit beobachte ich, wie vorsichtig alle antragsteller sich dem konsul naehern. Ein Araber, der ihn ausser der reihe etwas fragt, wird mehrfach angebruellt: „Waiting! Waiting!“ Als ich dran bin, dauert’s vielleicht 10 sekunden, weil der konsul den antrag nur weg legt. In einer woche könnte ich wieder kommen, sagt er dann abschließend. 

Beim zweiten mal bin ich sehr zeitig. Der konsul, ein dunkelhaariger, gepflegter mann, begrüsst mich schon in der tür mit “My friend”, teilt mir aber sofort mit, dass ich wieder gehen könnte, weil der computer nicht arbeite. Eine weitere woche soll ich warten.

“The system does’nt work!” schnauzt der anscheinend cholerisch veranlagte mich an, ohne von seiner arbeit hoch zuschauen, als ich einfach behaupte, ich hätte für sonntag einen flug gebucht. Max hat die gleiche erklärung zwei tage vorher auch schon von ihm gehört.

Als ich frage, ob das system in Abu Dhabi funktioniere, wird er sofort aktiv. Er fährt von seinem stuhl hoch, blättert hastig die unbearbeiteten anträge in der ablage durch, fischt meinen raus und gibt ihn mir zurück mit der barschen aufforderung: “Go to Abu Dhabi. Try there. Urgent Visa. Three, four days, only!” Als ich ihn nach der adresse der botschaft frage, kommt die achtstellige telefonnummer wie aus der pistole geschossen. Ich habe kaum zeit mit zu schreiben.

Der anruf in Abu Dhabi ist ernüchternd: Gleich kurzen öffnungszeiten an drei wochentagen wie hier in Dubai. Gleiche bearbeitungsdauer: drei bis sieben tage. Aber mir bleibt keine wahl. Ich hab ja meinen ersten antrag in der hand. Und der kleine giftzwerg hier nimmt ihn auch nicht mehr zurück. “You go to Abu Dhabi!”

Hätte ich es mit geld versuchen sollen?  Die usbekischen behörden sollen angeblich völlig korrupt sein. Die kosten für ein taxi sparen, aber einem gut bezahlten staatsdiener 100 dollar zustecken? Wäre das sowieso zu wenig?  Ich trau mich das überhaupt nicht. Stelle mir vor, der nimmt das geld nicht. Dann hab ich völlig ausgeschissen.

Unverständins über das vorgehen eines solchen mannees beschäftigt mich. Ist er überfordert? Wirklich abhängig von nicht funktionierenden systemen? Welche gründe gibt es für sein verhalten?  Welche absicht verfolgt er?  Spielt er nur seine macht aus? Ich fühle mich ihm ausgeliefert.