Doi Pui

Am zweiten Tag in Chang Mai starte ich meine erste Tagestour ohne Gepäck. An der anspruchsvollen 60 km Runde liegen gleich vier attraktive Ziele: der Huey Kae Wasserfall, das Wat Phra Doi Suthpet, der Bhumping Königspalast  und der Huey Thao See. Anspruchsvoll, weil sie über den 1600 m hohen Berg Doi Pui führt.

Beim Verlassen der Stadt erlebe ich an der Universität schon die erste Überraschung. Die Straßen sind völlig verstopft. Überall sehe ich StudentInnen festlich gekleidet, im Bus, in Taxen, hunderte auf Mopeds, andere zu Fuß mit ebenfalls heraus geputzten Eltern. An allen Kreuzungen regeln Polizisten den Verkehr, der sich rund um den Universitätspark kilometerweit staut. Ich muss runter vom Rad, will wissen, was hier los ist.

6000 Studentinnen feiern heute ihren Studienabschluss. Traditionell treffen sie sich vor der Abschlussfeier mit Familien und Freunden in einem besonders blumenreichen Universitätspark, um den großen Tag auf Erinnerungsfotos festzuhalten.

Die Farbe der Schärpe gibt an, zu welcher Fakultät der Absolvent gehört. Die gelben haben ihr Architekturstudium erfolgreich beendet.

Die zwei erzählen stolz von ihrem Studienerfolg. Fünf Jahre haben sie studiert, sind aber nicht ganz glücklich, weil sie ihre erste Anstellung in Bangkok gefunden haben. Sie wären lieber in Chiang Mai geblieben.

Viele der jungen Männer tragen unter dem Talar einen weißen Festtagsanzug.

„Congratulations“ überall – auf Ballons, Schals, Medaillons und Blumengebinden. Ein guter Tag für Floristen, die ihre Verkaufsstände im Campus aufgebaut haben.

So viele junge glückliche Menschen, so viele Erwartungen, so viel Hoffnung auf eine erfolgreiche Zukunft.

Für mich beginnt jetzt auch ein Aufstieg. 11 km geht’s bis zum Tempel hoch. Die Straße ist mit einer zusätzlichen „Kriechspur“ für langsamere Fahrzeuge ausgebaut. Platz genug also auch für mich. Viel Ausflugsverkehr qualmt an mir vorbei. Erster Halt der Huey Kae Wasserfall, unter dem flache Felsenbecken zum Baden und Plantschen einladen.

 

Ständig kommen mir Rennradfahrer auf der Abfahrt entgegen. Ich möchte hier zwischen all den Autos nicht runterfahren. Nach sechs km ein Aussichtspunkt auf 700 m Höhe. Chang Mai diesig unter mir. Ich schon tropfnass geschwitzt.

Die Tempelanlage Wat Phrathat Doi Suthep auf 1000 m Höhe ist das Wahrzeichen Chiang Mais. Dementsprechend der Touristenandrang. Busse, Tuktuk, und die vielen roten Songthaew, quetschen sich irgendwohin.

Dazu Privatfahrer in den Leihwagen, Motorradfahrer, Radfahrer und sogar vereinzelte Wanderer – alle haben sich  hoch geschleppt und drängen jetzt auf die 300 Stufen der Eingangstreppe zu. Ich habe schon wegen der schweissnassen Klamotten entschieden, dass ich weiter fahre, halte wohl noch kurz für diesen süßen Fahrgast.

Vier Kilometer geht es weiter steil bergan zum Königspalast, der 1300 m über Meeresniveau den Herrschaften einen kühleren Aufenthalt bietet als andere Residenzen. Ausschließlich den Schlosspark kann man besichtigen. Darum sind hier längst nicht mehr so viele Autos unterwegs. Die Straße ist jetzt nur zweispurig. Vorher komme ich noch am königlichen Hubschrauberlandeplatz vorbei. Dann der stark bewachte Eingang.

Hier darf ich sowieso nicht rein, weil mein Raddress für den Besuch beim König nicht angebracht ist. Auf der Tafel ist genau abgebildet, was nicht geht und was wohl.

Noch fast 300 Höhenmeter mahle ich weiter. Schon längst trete ich die allerkleinste Übersetzung. Zum Glück bin ich hier oben mit einigen Waldarbeitern und wenigen Motorradfahrern allein unterwegs. Jetzt ist die Straße so, wie ich sie mir bei einer Bergfahrt wünsche: schmal, schattig, gut asphaltiert und verkehrsarm. 

Auf 1500 m noch ein Aussichtspunkt mit Blick auf eine Siedlung im Doi Suthpet Pui Nationalpark, an dessen höchster Stelle ich jetzt fast bin.

Die Abfahrt – ich ziehe eine Windjacke über und lass es laufen – fängt toll an. Um mich herum blüht es rosafarben. Sonnenstrahlen schaffen es durch den auf dieser Bergseite nicht so dichten Wald. Wasser plätschert unter mir. Der Betonbelag ist trocken.

Die Fahrbahndecke wird leider immer schlechter. Schlaglöcher häufen sich. Immer größere Stücke fehlen im Beton. Manchmal wurde er notdürftig ausgebessert. Schließlich stören die  holprigen Betonreste auf dem festen Schotterweg. In den steilen Passagen hat das abfließende Wasser tiefe Furchen ausgespült. Lockeres Gestein in den Kurven zwingt mich ganz vorsichtig runterzurollen. Jetzt weiß ich, warum all die Radfahrer heut Vormittag die verkehrsreiche Abfahrt genommen haben.

Auf der schlechten Straße kommen mir immer wieder Geländewagen entgegen mit Forstleuten oder Soldaten. Aber auch Mountainbiker und Wanderer lassen sich in den Naturpark bringen.

Das Tal öffnet sich. Der kiesige Weg ist jetzt besser zu fahren. Ich bin immer noch 1000 m hoch. Blumen und Erdbeeren werden hier angebaut. Nach mehr als 10 km Schotterabfahrt wartet unten der Huay Tueng Thao See. Von hier sind’s nur noch 15 km zurück in die Stadt.