EINGELADEN

Der erste gemeinsame radtag. Das wetter ist ideal. Wir wollen zum Isnik-see und weiter nach Bilecik. Die straße ist bis Orhangazi vierspurig, hügelig aber gut zu fahren, weil noch wenig los ist am 2. Bayram-festtag.

Schon nach 20 km rufen drei ältere herrschaften uns von einer café-terrasse zu mit ihnen tee zu trinken und zu frühstücken. Die pause kommt uns gelegen. Die drei löchern uns mit fragen. Einer war jahrelang hotelmanager in Brüssel und spricht gut deutsch. Schließlich gibt er uns seine private handynummer. Nach unserer tour sollen wir mit unseren familiien in seinem sommerhaus in Assos ferien machen. Während wir beide endlich in ruhe frühstücken, fahren die drei mit großem tatü und vielem winke-winke in ihrem alteren Mercedes weiter.

Den ganzen tag über durchfahren wir ein landwirtschaftlich intensiv genutztes und anscheinend sehr fruchtbares gebiet: melonen, kürbisse, tomaten, auberginen, zucchini, äpfel, birnen und kartoffel werden angebaut. Zur zeit kriechen viele frauen über die felder und pflücken pepperoni. Viele  winken uns von den traktoren oder wagen immer wieder zu. Die straße ist inzwischen eine gut befahrbare landstraße, die aber fast ausschließlich von den anwohnenden bauern benutzt wird. Es rollt bei uns beiden richtig gut.

In Yenisehir ist abends im stadtpark richtig was los. Familienfest im kirmesrummel mit zuckerwatte und kebab vom grill: Bayram, das viertägige fest zum ende des Ramazan. Wir radeln aber weiter, wieder auf die dörfer, weil wir dort eher einen schlafplatz finden. Rasch wird’s dunkel. Wir fahren schon mit Licht, als wir eine allein liegende tankstelle erreichen, neben der eine leider etwas feuchte wiese unser nächster zeltplatz wird. Der tankwart liegt mit einer flasche Efes vor der glotze und hat nichts gegen unser camping. Stolz zeigt er uns die neu geflieste toilette mit außen-waschbecken, die wir benutzen dürfen. Na, da haben, wir doch wieder alles, was wir brauchen. Abendessen kochen wir aus unseren vorräten. Das letzte Efes aus Istanbul teilen wir.

Als ich gerade mit Elvira telefoniere, rappelt jemand an meinem zelt. Hassan stellt sich vor. Er möchte uns kennen lernen und lädt uns zum bier in die tankstelle ein. Vier bauern und der tankwart erwarten uns dort. Hassan spricht als einziger englisch. Er war in Bursa auf einer weiterführenden schule. Bis halb zwei nachts diskutieren wir über gott und die welt bei einer flasche bier, sauren gürkchen, scharfen pepperoni und gelegentlichem stromausfall, bei dem dann jedesmal eine aus dem alupapier einer zigarettenschachtel gewickelte ‚kerze‘ auf einer butangasflasche den raum in ein schummrige licht taucht.

Am morgen revanchiere ich mich bei Kamil, dem tankwart, mit einem großen pott nescafé. Wir müssen lange warten bis unsere taunassen zelte trocken sind. Viele 10 bis 12 jährige jungs auf ihren mopeds besuchen uns. Von Kamil bekommen sie den sprit anscheinend auch auf pump. Die abschied ist wieder rührend: Wir machen fotos, für die Kamil sich in schale schmeißt. Zum schluss verabschiedet er uns wie freunde: Er fasst unsere hand, neigt sich leicht nach vorne und berührt mit seinen schläfen unsere schläfen – links und rechts.