HEISS GEBADET
Madaba, 11-11-2008
Die hochgelobten mosaike in Madaba – die landkarte der arabischen welt vor 1500 jahren und die darstellung des meeres als frau halten farblich längst nicht das, was retuschierte postkartenfotos versprechen.
Da rührt mich die gedenkstätte auf dem berg Nebu mehr, von dem Moses das gelobte land wenigstens mal gesehen haben soll, bevor er starb. Allerdings ist es diesig an diesem heißen november nachmittag. Israel kann ich nur erahnen. Dann ein radfahr-sahnestückchen: In der glühenden abendsonne vom Nebu hinunter ans Tote Meer. Rosa schimmerndes gestein, goldgelb glänzende wüstenflächen, das fast schwarze band der straße und unten das hellgrau des salzigen meeres. Dazwischen beduinenzelte, schafe, esel und sogar kamele vor der untergehenden sonne. An der uferstraße der obligatorische militär-checkpoint, fünf fünf sterne hotels in reihe und schließlich der Amman Tourist Beach. Ein fein heraus geputztes strandbad. Das kann ich bei der festbeleuchtung auch noch im dunkeln erkennen. Unter palmen kann ich im feinen sand mein zelt aufschlagen. Nachdem ich 15 JD abgedrückt habe. Soviel hat das hotel in Amman inklusive frühstück gekostet. Dafür lärmen die jungen Ammaner mit ihren freundinnen dann auch am strand bis weit nach mitternacht. Die letzten beiden quietschen noch um drei uhr nachts auf einer liege. Ob die beiden die vielen fliegen überhaupt wahr genommen haben, die mich am morgen überfallen, als ich ins meer will? Der salzgehalt ist unglaublich hoch. Salzkristalle bedecken den meeresboden. Und dann der auftrieb! Er ist unfassbar stark! Ich kriege fast kein bein mehr an die erde. Völlig entspannt liege ich ohne jede anstrengung wie auf einem wasserbett. Ich könnte wirklich ein buch lesen. Die einzige sorge machen mir die tafeln, die überall vor dem sehr salzigen wasser warnen. Augen und mund sollten nicht damit in berührung kommen. Tauchen ist verboten. Nach dem bad dusche ich gründlich. Aber da sind auch schon wieder hunderte fliegen. Ich flüchte in mein zelt. Hier werde ich nicht frühstücken. Rasch packe ich alles zusammen. In der anlage finde ich ein fliegenfreies restaurant, in dem ich ein omelett mit tomaten, gurken und brot esse. So gestärkt traue ich mich an die 1000 höhenmeter zu den warmen wasserfällen von Hamamat Ma’in. 13 km anstieg von 400 m unter dem meeresspiegel auf 600 m über NN. Mehrfach muss/kann ich an aussichtspunkten eine pause machen. Dabei werde ich zum picknick eingeladen von Talal aus San Anton in Texas/USA, seinem bruder, dem neffen und einem befreundeten bäcker und dessen sohn. Die vier machen heute mit dem onkel aus Amerika eine autotour. Sie sind auch auf dem weg zu den thermal quellen. Auf den letzten beiden km kann ich mich an einem langsamen lkw festhalten, Sonst hätte ich es nicht ohne abzusteigen geschafft. Aber oben an der abzweigung sehe ich erst, was mir noch bevor steht. Hamamat Ma’in liegt in einem engen tal wieder 200 m unter dem meer. Das konnte ich auf meiner karte nicht erkennen. Ernsthaft überlege ich, ob ich auf die heißen quellen verzichten und wieder runter fahren soll zum Toten Meer. Dann wäre die ganze schinderei umsonst gewesen. Oder gerade aus nach Madaba? Aber da war ich ja gestern schon. Mit 15 % gefälle geht es kilometerlang runter. Aus dem loch komme ich heute nicht mehr aus eigener kraft heraus! Langsam rolle ich runter. Meine hände schmerzen vom bremsen als ich am ortseingang 10 JD bezahlen muss. Dafür kann ich die thermalbäder, die öffentliche sauna und das türkische bad uneingeschränkt nutzen. Selbst ein getränk und ein geschmackloses sandwich ist in dem preis inbegriffen. In einer breite von etwa drei metern stürzt der hauptwasserfall runter. Längst nicht überall gleich warm ist das schwefelhaltige wasser. An den wärmsten stellen kann es bis zu 60 grad heiß sein. Das kann ich nicht aushalten. Aber die warme dusche unter dem heftigen hauptguss ist eine wohltat. An einigen stellen belebt auch nur ein warmer sprühregen die haut. In den natürlichen wasserbecken bleibe ich lange liegen. Dann lasse ich mich von dem wasserschwall zwischen drittem und vierten becken massieren. Das tut meinem strapazierten rücken gut. Hier könnte ich stundenlang bleiben. Dabei mag ich thermalbäder bei uns zuhause wegen ihrer künstlichen atmosphäre und der allzu hohen luftfeuchtigkeit gar nicht. Hier aber bin ich an der frischen luft, in der warmen sonne. Einzig die fliegen stören. Außerdem muss ich ja auch noch einen weg finden, wie ich hier wieder raus komme. Das Spa-hotel ist geschlossen. Eine übernachtung im ort nicht möglich. Der ebenfalls sehr steile weg nach Karak ist für jeden verkehr gesperrt. Riesige Caterpillar legen eine völlig neue trasse an. Aber ein freundlicher herr am ortseingang macht mich darauf aufmerksam, dass gäste aus Madaba mit einem pickup da sind. Die müssen ja noch nach hause. Bestimmt würden sie mich mit nehmen, meint er. Abdullah und Widal sind freunde, die regelmäßig hier zum baden kommen. Sie haben noch fünf jüngere bekannte auf der ladefläche mitgebracht. Selbstverständlich nehmen sie mich mit. Natürlich kostenlos. „You’e welcome in Jordan.“ Mein rad nehmen die jungs gleich zwischen sich. Fotos muss ich machen. Möglichst einzeln. Während ich die badehose aus- und mich wieder angezogen habe. sitzt Abdoullah in nasser hose und unterhemd neben mir. Auch bei den jungs auf der ladefläche zeichnen sich die nassen unterhosen in den jeans ab. Der kleintransporter hat keine schwierigkeiten mit der steigung. Dennoch brauchen wir fast eine stunde bis Madaba. Im ‚Noabs land‘ komme ich gut unter. Gleich nebenan esse ich ein pfeffersteak und trinke ein bier dazu. So finden die wellness tage einen angemessenen abschluss. |