KÖNIG WEG

Wadi Rum, 16 -11 – 08

In Madaba habe ich ja gekniffen vor der Königsstraße – der alten handels- und karawanenstaße, die heute als nationalstraße 35 Amman mit dem Roten Meer verbindet. Der sage nach soll auf diesem weg Moses die Hebräer ins Gelobte Land geführt haben. In der antike haben die Römer, den von den  Nabatäern angelegten karawanenpfad als straße befestigt. Im mittelalter wurde sie weiter ausgebaut als hauptverbindung für ägyptische pilger nach Mekka und als handelsstraße nach Damaskus.

Seit vor etwa 15 jahren die autobahn durch die wüste gebaut wurde, ist es auf der Königstraße ruhig geworden, zumindest südlich von Dana. Deshalb kann man auf ihr überwältigende aussichten genießen auf das wüsten hochplateau auf der einen und das Jordantal auf der anderen seite.

Nach zwei ruhetagen in Petra traue ich mich auf die letzten 60 km , vor deren schwierigkeitsgrad mich auch jetzt wieder mehrere Jordanier wohlmeinend warnen. Aus Wadi Musa raus geht es wirklich 20 km konstant berghoch. Aber mit recht angenehmen 8 % steigung. Nur in Tayyiba wird’s einige hundert meter unangenehm steil. Dafür entschädigt die straße mit ungeahntem fernblick und einer unverfälschten landestypischen szenerie.

Image

Bei strahlendem sonnenschein und angenehmen 20 grad treffe ich beduinen mit ihren kamelen und ziegenherden, finde bauern bei der feldarbeit, wovon einer sogar zweispännig pflügt, freue mich über den duft gebratener zwiebeln, die es heute mittag in mehreren familien geben wird, rieche das zu stark gegrillte lammfleisch und scheue mich, die am straßenrand arbeitenenden völlig verschleierten frauen zu fotografieren.

Image

An einer der höchst gelegenen und einsamsten stellen entdecke ich einen pferdekadaver, in dem eine hundefamilie lebt. Kein schöner anblick. Aber die kargheit und unendlichkeit dieser gebirgslandschsaft vertraegt auch dieses bild.

Image

Etwa 1400 m hoch bin ich hier. Dennoch trieft mir der schweiß aus jeder pore. Während die warner im tal alle davon sprachen, dass es bis Ragif nur noch wellig auf und ab ginge – von dort soll die route  zur „desert road“ runter führen – muss ich weitere 20 km viel mehr rauf als runter fahren  – zumindest empfinde ich es so. Erst 2,5 km vor der wüstenautobahn führt die Königsstraße tatsächlich talwärts. Da habe ich schon 55 km zurück gelegt.

Auf der autobahn 15 rolle ich dann rasant runter. Jetzt passiert genau das, was ich seit tagen kommen fühle. Der freilauf blockiert erneut total. Die kette hängt auf dem boden, klemmt sich dann im umwerfer ein. Bei tempo 40 schaffe ich es sie mit der fußspitze unterhalb der kettenstrebe runter zu treten, so dass sie oben wieder aus dem umwefer springt. Ich muss jetzt die füße hochnehmen, damit die pedale mit wirbeln können. Die kontrolle über das rad ist dann nicht ausreichend. Vor allem als ich mehrfach auf dem seitenstreifen in recht dicken kies gerate. Der wechsel auf die fahrbahn ist schwierig, weil sie etwa 5 cm höher liegt.

Das kugellager kracht und klappert so, dass ich jetzt sicher weiß: naben-total-schaden. Die provisorisch eingebaute vollachse passt einfach nicht. Nicht umsonst hat der händler in Irbid mir etwa 50 neue kugeln mitgegeben. der wusste dass das lager so nicht lange hält. Aber ich muss noch 20 km runter rollen und dann noch 30 km ostwärts ins Wadi Rum bei respektablem gegenwind. An der unwucht in der rotation des ritzelpakets sehe ich, dass es locker auf der achse schlackert. Anscheinend nur noch gehalten durch die spannung zwischen den ausfallenden. Zwei stunden brauche ich noch im Wadi. Um fünf wird’s dunkel.

Ein glück, dass ich den tollen scheinwerfer montiert habe. In der wüste ist es wirklich stockdunkel, bevor mond und sterne leuchten. Am polizei-checkpoint höre ich, dass ich noch 11 km vor mir habe. Mehrmals halten ‚ranger‘ im jeep mit der aufschrift ‚protected area Wadi Rum‘ neben mir. Sie fragen, ob ich hilfe brauche. Wahrscheinlich weil ich so langsam bin und die nabe so einen krach macht. Ich schaffe es aber alleine. Kurz vor sieben komme ich am Wadi Rum Resthouse an. Wie geplant schlage ich mein zelt im wüstensand auf. Inzwischen ist der blau-schwarze himmel voller funkelnder sterne. Meine erste nacht im zelt in der wüste. Der angemessene abschluss einer wirklichen königsetappe. Vorerst aber wahrscheinlich die letzte. Mit dem hinterrad kann ich nicht mehr weiter fahren.