KURS WECHSEL

 

Bislang hatte ich noch nirgendwo probleme, geld zu beschaffen. In Syrien soll das aber schwierig werden. Es soll kaum Geldautomaten geben. Nicht mal traveller cheques werden genommen. Am besten besorgt man sich vor der einreise US-dollar. Aber die sind in der Türkei auch teuer. 15 Lira für einen Dollar. Wir warten noch. Wir müssen ja noch mındestens 350 km bis zur grenze.

Imageerste karawanserei auf meiner seidenroute in kurtkuplagi

Die ersten 20 km bis zur E 90 rollt es endlich wieder mal. Seit der letzten griechenland-etappe habe ich dieses herrliche gefühl der leichtigkeit auf dem rad nicht mehr genossen. Radeln in der Türkei ist wunderschön, aber bisher immer mit anstrengung verbunden gewesen. Heute aber sonne, rückenwind, eine ebene, eher abfallende gut ausgebaute straße. Nur der asphalt ist sehr rauh. Egal. Das knie im weißkohlblatt schmerzt nicht. Außerdem ist diese straße unser erster teil der historischen seidenstraße, die in diesem abschnitt von Antiochia kommend nach Konya führte.

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Ab km 25 steigt es wieder an. Zwei pässe. 1490 m und 1600 m hoch. Ich kurbele mich ganz behutsam empor. Markus ist weit vor mir. Dann geht es 25 km runter in das thermalbad Ciftehan. Wir drücken vergeblich den steilen dorfhang hinauf. Nur ein neues Spa Ressort-hotel ist zu sehen. Das öffentliche bad mit den heilenden quellen ist wegen renovierung geschlossen, Und die ehemalige karawanserei finden wir auch nicht.

Aber ein neues garten restaurant mit mehreren überdeckten terrassen am nahen bach. Der geschäftsführer, der früher drei jahre bei Schaub-Lorenz gearbeitet hat, ist nicht nur sehr hilfsbereit sondern stolz, auf einer der terrassen platz für unser nachtlager schaffen zu können. Die räder werden auf seine anordnung in den dem restaurant angeschlossen verkaufsraum für regionale produkte abgestellt. Der nachtwächter und ein junger ober schlafen im restaurant auf dem boden. Auch noch, als wir schon auf der terrasse unseren frühstückskaffee schlürfen. In der warmen morgensonne waschen wir uns an einem brunnen auf dem restaurant-vorplatz. Der chef ist schon da. Auch der koch. Alle verabschieden sich von uns per handschlag.

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Bis Pozanti rollen wir weitere 16 km runter. Trotz mehr als 60 km/h  fotografieren wır doch noch dıe hl. familie. Dann klettern wir wieder 16 km lang auf 1200 m, bei angenehmen, mein knie nicht belastenden steigungsgraden. Oben in Akcatehir sitzt Markus schon mit einem tee in der hand in der großen männerrunde. Auch ich bekomme einen besonders leckeren ‚vogelschnabel‘-tee. Keiner der männer kann erklären, warum er so heißt. Bei einem weiteren tee werden noch viele themen angesprochen. Dank Hassan einem jungen metzger, der drei jahre in Sutherland/GB war, wird alles verständlich übersetzt.

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Besonders beäugt werden die fotos im reiseführer. Vor allem die vom Nemrut-Dagi-massiv, weil mehrere in der runde aus dieser ostanatolischen bergregion stammen. Markus hat diese seiten aufgeschlagen, weil er noch vor Syrien dahin will. Er möchte wissen, ob es da gefährlich werden könnte für ihn wegen der kampfhandlungen zwischen militär und PKK. Aber alle versichern touristen seien dort völlig ungefährdet.

Nach wenigen km haben wir mit 1270 m den heutigen höchsten punkt erreicht. Die nächsten 70 km bringen uns abwärts zum mittelmeer. Doch immer wieder geht’s auch bergauf. Mıt 60 km/h runter, mit 6 km/h wieder ein stück rauf. Es wird immer wärmer. Das landschaftsbild ändert sich völlig. Ausgedehnte nadelwälder, pinien, kiefern, eiben auf grauem fels. Es duftet mediterran. Die ferienhäuser in den hängen unterstreichen den mittelmeer-charakter des tals. Überall wird lamm gegrillt. Dann duftet es eher verkohlt. Blühende kakteen und mannshohe agaven säumen die straße auf den letzten 15 km abwärts vor der D 400 an der küste. Markus will in Mersin noch mal schwimmen. Ich bleibe in Tarsus und suche spuren vom hl. Paulus. Genau 5000 km bin ich jetzt unterwegs.

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In Adana besichtigen wir noch gemeinsam die neue moschee, die in ihrer größe und ausgestaltung in konkurrenz zur Blauen Moschee in Istanbul steht. Hier sind Markus und ich ans vorläufige ende unserer gemeinsamen reise gekommen. Einen monat waren wir etwa zusammen in der Türkei unterwegs. M. e. hat es hervorragend geklappt zwischen uns beiden. Aber es ist ganz natürlich, dass er jetzt wegen Birgits besuch, seine pläne ändert. Er bleibt noch 10 tage in der Türkei. weil er die 15 visatage in Syrien möglichst alle mit Birgit verbringen will. Sie landet am 2. 11. in Alleppo und fliegt eine woche später von Damaskus heim.

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Für mich steht im vordergrund die strecke trotz der kniebeschwerden zu schaffen. Ich könnte gar nicht noch zusätzliche gebirgige 300 km fahren. Auch in Syrien werde ich nur die sehenswürdigkeiten aufsuchen, die an meiner strecke liegen. Das sind eh genug. So hoffe ich schmerzfrei, aber auch ohne visaverlängerung und ohne bürokratischen ärger dieses spannende land durchradeln zu können. Allein. In dosiertem tempo und hoffentlich nicht zu schweren etappen. In einer beschaulichen, wachen art zu reisen.