MIT GENOMMEN

Petra, 14-11-2008

In Madaba raten mir alle ab, die „Königsstraße“ nach Karak zu nehmen. Sie sei viel zu schwer zum radfahren meinen übereinstimmend der hotelwirt, ein polizist, ein autofahrer und der bäcker. Der strecke über den „desert highway“ sei zwar länger, aber viel einfacher. Ein beduine in der bäckerei kann mir auf meiner karte genau zeigen, wie ich zu dieser autostraße komme. Wieder einmal folge ich dem rat der einheimischen. Dabei habe ich kein gutes gefühl bei der vorstellung, dass ich bis Karak 30 km mehr fahren muss. Schlimmer aber ist auf der vierspurigen straße der gegenwind. Daran denken autofahrer nicht. Und so leicht wie sie die strecke wahr nehmen, sind die lang gezogenen anstiege nicht. Ich schaffe nur 15 km pro stunde. Bei dem tempo käme ich erst abends um sieben in Karak an. So wird das nichts.

Der wind lässt nicht nach. An der abzweigung nach Karak müsste ich jetzt noch 30 km westwärts. Seitenwind. Aber es ist schon fast halb vier. Um fünf geht die sonne unter. Kurz entschlossen cancel ich Karak. Eine arabische festung weniger! Ich bleibe  auf dem desert highway richtung süden. Aber Sad-al-Sultani ist nur eine  armselige beduinen siedlung. Zwischen all den schafen, hunden und kindern möchte ich nicht mein zelt aufschlagen. Tatsächlich muss ich noch bis Al Hasa weiter. Welch eine geduldsprobe! Endlos langweilig die strecke durch die flache steinwüste. Nur ganz selten ein grüner streifen an einem wasserlauf.  Dazu der unaufhörliche wind und der lärm der nicht endenden schlange leerer lkw richtung Aqaba. Auf der gegenseite die beladenen laster richtung landesinnere.

Inzwischen ist es sechs Uhr. Für die 110 km brauche ich mehr als 7 ½ stunden reine fahrzeit. Es ist stockdunkel, als ich in einem trucker-restaurant ein mieses viel zu teures zimmer finde. Aber das ist mir jetzt völlig egal, so fix und fertig bin ich. Vor allem der gedanke, dass ich morgen noch einmal so einen tag vor mir habe, macht mir zu schaffen.

Morgens beim tee muss ich wohl ziemlich mitgenommen aussehen. als mich Jamal aus Zarqa anspricht. Er fährt täglich mit seinem laster vom hafen in Aqaba nach Amman und zurück. Zunächst will er nicht glauben, dass ich mit dem rad von Deutschland gekommen bin. Aber dann werde ich zum helden. Seinen beiden kollegen am nachbartisch und der bedienung schwärmt er von meiner reise vor. Da er ohne fracht auf dem weg nach Aqaba ist, bietet er mir an, das rad aufzuladen und mich mitzunehmen bis Ma’an. Das sind immerhin 80 km desert highway. 80 km im Mercedes laster gegen den wind. Von dort brauch ich nur noch 30 km bis Wadi Musa, dem ort vor der felsenstadt Petra.

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Jamal ist 55, hat früher in Kuwait gearbeitet und dort englisch gelernt. Er hat zwei frauen. Mit einer fünf, mit der anderen zwei kinder. Sein ganzer stolz sind seine beiden söhne. Der große ist 24. Im Sheraton-hotel in Amman verdient der 400 JD im monat als ’super-visor‘. Aber davon könne der junge kaum leben. Allein an fahrtkosten gäbe er monatlich 150 JD aus. Der kleine ist 15. Ihm hat Jamal von amerikanischen  soldaten im Irak für 100 US dollar ein mountainbike gekauft. Für mich kauft er vor der abfahrt noch chips und cola. Ablehnen kann ich das nicht. Es sei zwar alles sehr teuer geworden in Jordanien. Aber er käme gut zurecht. Er könne sich vielleicht noch eine dritte frau leisten, lacht er. Wenn er mit 60 aufhöre lkw zu fahren, bekäme er 300 JD im monat vom staat. Das wäre genug für ihn und seine frauen. Die kinder müssten aber auch etwas dazu verdienen, meint er. Immer mehr junge frauen würden inzwischen arbeiten in Jordanien. Er begrüßt das. Seine frauen sind aber nicht berufstätig.

Von meinem brot nimmt er nichts, auch nicht von meinem o-saft. Nur wasser trinkt er. Dazu steckt er sich etwa alle 10 minuten eine zigarette an. Immer wieder wiederholt er, ich sei willkommen in Jordanien. Alle gäste seien in Jordanien willkommen. Die Jordanier seien die gastfreundlichsten Araber. Dagegen müsse ich acht geben, wenn ich mit Irakern zu tun hätte. Die lügen, wenn sie den mund auf machen. Irakische frauen aber wären besonders gut im bett. Sie wären alle groß und füllig und hätten dicke busen. Als weit gereister fahrer weiß er auch, wie billig das leben in Ägypten ist, wie reich die menschen in den Emiraten sind und dass katholiken kein visum für Saudi-Arabien bekämen, aber dass er jederzeit frei nach Mekka reisen könnte. Vor allem jetzt wo der benzinpreis wieder gesunken sei, nachdem könig Abdullah mit den saudis ein neues abkommen geschlossen habe und auch aus dem Irak wieder öl geliefert würde. Jamal erzählt und erzählt in einem fort voller stolz auf sein gutes leben in Jordanien.

Als er mein rad und das gepäck in Ma’an an der ausfahrt nach Petra abgeladen hat, küsst er mich. Ganz stolz verabschiedet er sich: You will sleep in Petra this night! Er hat recht. Ohne seine hilfe hätte ich die strecke nicht an einem tag geschafft.

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Über Petra zu schreiben, spare ich mir. Die felsenstadt ist wirklich einmalig auf der welt. Und in jedem Jordanienreiseführer als höhepunkt beschrieben. Aber das führt eben zu massentourismus mit all seinen negativen erscheinungen. Beispiel: 21 JD (fast 25 €) für die tageskarte. Die ganztagswanderung durch das tal  ist aber auch ein atemberaubendes erlebnis in einer  phantastischen landschaft mit aus dem sandstein gemeißelten tempeln und riesigen gräbern sowie felsformationen in allen farben.