Mouraki & Oamaru
„Tu dir das nicht an! Nimm den Bus bis Waitati!“, hat Jan ein Radler aus Karlsbad mich gewarnt. Von einem schrecklich steilen Anstieg aus der Stadt heraus erzählen alle, die Dunedin Richtung Norden verlassen haben. Oliver in seinem jugendlichen Übermut hat mal kurz auf google maps nachgeschaut und ist gestern locker los gefahren. Bis Charmers, dem Kreuzfahrtschiff-Hafen, bleibt es flach.Die Queen Mary 2 liegt gerade im Hafen. Ist es nur dieser berühmte Name, der mich beeindruckt, oder ist der Riesenpott wirklich noch mal eine Nummer größer als die anderen?
Von der SH 85 über Nebenstraßen um den Mt Kettle herum klettere ich ständig, verliere wieder an Höhe und klettere erneut. Zweimal noch kann ich auf Buchten und Strände runter schauen, ohne Sorge zu haben, dass ich in dem Berg nicht mehr anfahren kann.
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Vor Doctors Point stellt sich solch ein Knüppel mir in den Weg, dass ich gleich weiß, hier muss ich absteigen. Beim Schieben zeigt das Garmin 17% an. Zum Glück ist die Quälerei nach knappen 150 m vorbei. In Waitati komme ich kurz auf die SH1, bis ich in die viel schönere Küstenstraße nach Seacliff abbiege. Stille Buchten und weite Ausblicke auf die felsige Küste, an der auch sandige Strände wenn schon nicht zum Baden so doch zum Faulenzen oder Spazieren einladen.
Hinter Karitane muss ich wieder auf den highway. Vorher mach ich eine Pause an einem Café, auf dessen Terrasse Oliver seinen Lunch gerade gegessen hat. Er hat gestern nach der Kletterpartie aus Dunedin raus früh Schluss gemacht und heute auch getrödelt, so dass ich ihn jetzt hier treffe. Zusammen fahren wir weiter, aber schon im nächsten Berg, dreht er sich zu mir um: „Franz, I’ll pop up!“ und zieht davon.
Den nächsten Halt mache ich bei Shags Point, wo es besonders viele Kormorane geben soll. Auf dem glatten Felsen liegen ein paar Robben herum. Eine Seehündin ist sogar bis oben in den Rasen des Picknickplatzes geklettert.
Kormorane sehe ich nur diesen, sofern das überhaupt einer ist. Eine einbeinige Möwe fällt mir noch auf.
Endlich sehe ich einen Hinweis auf „Moeraki Boulders“. Kugelrunde Felsbrocken in verschiedenen Größen liegen hier herum, wie überdimensionale Murmeln an den Strand gerollt.
Von einem der vielen chinesischen Fotografen lass ich mlch auch mal in Pose ablichten.
Bis Hampden sind’s nur noch wenige Kilometer. Der Campingplatz am Strand ist sehr beliebt bei Radlern. Olivers Zelt steht schon. Er plant morgen bis zum Waitaki River zu kommen. Oamaru ist mein nur 40 km entferntes morgiges Ziel. Die kurze Etappe erlaubt mir einen Abstecher zu einem Naturreservat am Leuchttutm von Moeraki. Der hölzerne weiße Turm ist an sich schon sehenswert.
Pinguine werde ich heute morgen hier nicht antreffen, weil sie erst abends an Land kommen. Mir gefällt nicht, wie sich Besucher den Pelzrobben bis auf wenige Meter nähern. Ungehöriges Eindringen in den Lebensraum von Wildtieren sollte gerade in Naturschutzgebieten nicht toleriert werden. Ich dreh mich um und fahre zurück.
Oamarus breite Thames Street strahlt den Charme großer reicher, aber vergangener Jahre aus. Als Hafenstadt war Oamaru um 1880 so groß und wohlhabend wie das damalige Los Angeles. Zu dieser Zeit entstanden die Prachtbauten aus „whitestone“ – wie sie den Kalkstein hier nennen. Doch die Stadt übernahm sich und war um 1900 wieder pleite.
Das nur drei Straßen umfassende Hafenviertel wirkt heruntergekommen. Da helfen auch die Wimpel nicht.
Doch junge Boutiquen mit ausgefallener Mode und frechem Schmuck, Gallerien und Cafés bringen frischen Schwung in das Viertel, das als ‚victorian precinct‘ einige der schönsten viktorianischen Geschätshäuser Neuseelands zu bieten hat.
Auch das Criterion-Hotel hat bessere Zeiten gekannt. Aber auf den golden glänzenden Holzfußböden in dem knarrenden Treppenhaus und den altehrwürdigen, hohen, mit Samtvorhängen bekleideten Sälen spürt man noch den Zauber eines „Ersten Hauses“, auch wenn ich mein dreckiges Rad darin abstellen darf.
Das alternative Kunstprojekt „steampunk“ fällt mit außergewöhnlichen Installationnen auf.
Oamaru ist Endpunkt des Alps2Ocean Cycle Trail. Auf diesem Podium knipsen die stolzen Finischer das passende Abschlussfoto. Mir steht das eigentlich nicht zu.
Abends dann die Pinguinshow. 20.15 Uhr soll es los gehen. Die Sitzplätze der zwei überdachten Tribünen oberhalb der engen Bucht sind begehrt. Premiumplätze sind schon ausverkauft. 30 $ zahle ich und muss schon recht weit außen Platz nehmen, von wo ich anscheinend keinen guten Blick mehr auf die kleinen Watschelvögel haben werde. Fotografieren ist – angeblich zum Schutz der Tiere – nicht erlaubt. Als ich trotzdem die Kamera einschalte, eilt eine der Aufseherinnen zu mir und verlangt energisch, dass ich den Apparat in die Fototasche packe.
Wir warten lange.Währenddessen erzählt eine Dame über das Leben und die Eigenarten der Blau-Pinguine. Für die vielen chinesischen Besucher werden diese Informationen in ihrer Sprache wiederholt. Über Mikrofon und Lautsprecher verstärkt, können die Besucher auf beiden ca 80 m voneinander entfernten Tribünen den Ausführingen folgen. Vier Scheinwerfer erhellen inzwischen die Bucht. Ein vielfaches ‚Oooh‘ und ‚Aaaah‘, als die ersten Blau-Pinguine den Wellen entsteigen und nacheinander hochklettern zu ihren Schlafplätzen, die man künstlich angelegt hat. Klein sind die Blau-Pinguine, höchstens 20 cm hoch. Wenige sind es, nach meinem Geschmack. Nach und nach kommen vielleicht 20 hoch gewatschelt.
Über Pinguine weiß ich nichts. Aber nach meinem Empfinden ist die Show nicht artgerecht. Die erleuchteten Felsen, die gezimmerten Höhlen für die Tiere, der Lärmpegel von ca. 200 Besuchern und zwei Rednern mit Mikrofon. Daran haben sich die Pinguine anscheinend gewöhnt. Aber mit dem natürlichen Zu-Bett-Gehen der Vögel hat das wenig gemein.