Sonntagsradler

Von Lampang nach Lamphun habe ich nur eine Straße zur Auswahl. Raus aus der Stadt über den Radweg neben der 1039 und weiter bis Hang Chat. Am Sonntagmorgen begegne ich hier einigen Mtb-lern, die freundlich grüßen. Die zweite Hälfte der 75 km dann über den Highway 11, der sich als einzige Straße durch den dichten Wald über den 600 m hohen Bergrücken schlängelt.

Bis zum „Elephant Conservation Center“ mit angegliedertem ‚Elephant-Hospital‘ ist der highway noch ziemlich leer. Es ist noch früh. Mir scheint die Elefanten-Station zu touristisch angelegt mit Rundfahrt im offenem Shuttle-Bus und je einer „Elephant-Show“ pro Stunde.

Da hoffe ich auf naturnähere Begegnungen mit den Dickhäutern. Allerdings warnen mehrfach Straßenschilder zur Vorsicht.

Dass solch graue Riesen über diese viel befahrene, vierspurige Schnellstraße marschieren, kann ich mir nicht vorstellen.

Auf einem Rastplatz treffe ich drei Rennradler mit gut ausgestatteten italienischen Rädern. Netty, Kob und ihren 15jährigen Neffen, den sie – warum auch immer  – ‚Boss‘ nennen. Sie sind von Lamphun zum Elefanten-Camp geradelt und jetzt auf dem Rückweg. Sonntags fahren sie möglichst um die 60 bis 80 km. Diese Strecke wählten sie, weil es zu den Elefanten keine andere gibt. Der Randstreifen neben dem Highway ist als Rad- und Moped-Weg ausgeschildert und zum großen Teil neu asphaltiert. Dennoch find ich die folgenden 35 km furchtbar.

Die drei bieten an, mit mir zusammen zu fahren, um mich zu einem Hotel zu bringen, das eine Schwägerin von ihnen führt. Da ich mir nicht zutraue, ihr Tempo halten zu können, notiere ich Namen und Adresse des Hotels und ihre Telefonnummern. Der leicht übergewichtige Junge und die nur sonntags radelnde Frau meinen allerdings, sie würden mich gerne in meinem Tempo begleiten. Insbesondere weil jetzt der Anstieg kommt. Kob, der häufiger trainiert, fährt vorne, passt sein Tempo aber auch an. In der Gruppe läuft es schon leichter. Nach Erreichen der Stadtgrenze halten sie an einem Café nochmal an. Hier gibt’s Espresso und sogar Apfelkuchen. Dazu lade ich sie ein. Sie wollen aber nur ein Stück zum Probieren. Ich denke, das hat mit thailändischer Zurückhaltung zu tun. Ohne dass ich der Serviererin etwas gesagt habe, bringt sie zu dem Kuchen gleich vier Teelöffel mit. Gemeinsam essen und trinken scheint üblich. Den Eiskaffee, den Netty bestellt hat, teilen sie auch zu dritt. Mit dem Preis kann es kaum was zu tun haben. Alles zusammen kostet knapp 200 Baht (ca 6 €). Sie erzählen, dass sie ihre Räder gebraucht in Bangkok für ca.1500 € je Rad kaufen konnten.

Nachdem sie mich zum Hotel gebracht haben, verabreden wir uns für 18.00 Uhr. Ich hatte den Wunsch geäußert, mit ihnen in einem Restaurant zu Abend zu essen. Doch wir fahren zu ihrem Haus, das sie mir stolz zeigen. „Boss“ steht in der Küche und bereitet noch einen Salat mit gebratenem Schweinefleisch zu. Ein dunkelrotes, beinahe schwarzes körniges Reisgericht, ein ziemlich scharfes Pad „Sowieso“, Geschnetzeltes und ein Omelett stehen schon auf dem Gartentisch. Bananen in warmer, süßer Kokosmilch gibt’s als Dessert.

Gegen Mücken werde ich tüchtig eingesprüht. Wir sitzen draußen und reden über alles Mögliche. Vor allem über die unterschiedlichen Lebensarten in Thailand und Deutschland. Aber auch übers Radfahren. Gegen halb neun sehe ich, dass sie frösteln. Ihre Gastfreundschaft hab ich ja auch lange genug in Anspruch genommen. Ich weiß gar nicht, wie ich mich ausreichend bei Ihnen bedanken kann. Sie äußern glaubhaft, dass sie sich gefreut haben, mich als Gast in ihrem Haus zu begrüßen. Da wir vorher über Sitten und Gebräuche gesprochen haben, versuche ich mich von ihnen mit einem respektvollen „Wai“ zu verabschieden. Dem stillen Jungen gebe ich die Hand und umarme ihn anschließend behutsam aber freundschaftlich, weil auch das vorher Thema war. Beide Gesten werden lächelnd entgegen genommen, sind aber niemandem peinlich.