SYSTEM TA’AROUF

Safa Shar, 27. 02. 09

Ta’arouf heißt im Iran das unklare system von höflichkeitsfloskeln und bezeugungen eigener gastfreundschaft, in dem längst nicht jedes angebot und jede einladung wirklich ernst genommen werden darf.

Wir kennen uns in diesem system noch gar nicht aus, können oft nicht einschätzen, was wir von all den einladungen und angeboten halten sollen, die man uns macht. Sind es nur im Ta’arouf vorgeschriebene rituale oder können wir unbedenklich annehmen, was sie uns anbieten.

Ali Mahmoudi – ein demograph an der universität von Shiraz – versichert uns, dass Ta’arouf gegenüber ausländischen gästen nicht üblich sei. Wir könnten sicher sein, dass jedes angebot uns gegenüber ernsthaft und wirklich gemeint sei. Aber so einfach ist es anscheinend doch nicht, merken wir immer wieder.

Auf halbem weg zwischen Lar und Shiraz bietet uns wieder mal ein junger mann an, bei ihm zu wohnen. Aber als er auf meinem handy anklingeln lassen will,  damit ich seine handynummer speichern kann, ist sein akku leer. Ich bitte ihn nicht, mir seine nummer aufzuschreiben.

 

 

Von einer besonders freundlichen familie aus Shiraz – opa, drei töchter (architektin, zahnärztin und studentin) zwei schwiegersöhne und eine kleine enkelin auf dem weg nach Bander Abbas –  bekommen wir die telefonnummer. Sie würden sich so freuen sie, uns in ihrem haus begrüßen zu können. Eine der damen verspricht ein „typical iranian dinner“. Als wir einige tage später in Shiraz ankommen und bei ihnen anrufen, nimmt niemand ab.

Der verantwortliche wärter an der eingangspforte der landwirtschaftlichen fakultät der universität von Shiraz bietet abends im beisein eines dozenten an, uns morgen nach seiner nachtschicht mit zu sich nach hause zu nehmen. Als er sich am nächsten morgen von uns verabschiedet, während wir gerade unsere zelte zusammen packen, wiederholt er seine einladung nicht mehr.

In Mahmoud Banjars garage können wir für mehrere tage unsere räder abstellen, während wir mit dem bus in Teheran visas beschaffen wollen. Auch die bustickets hat er uns für etwa 20 US$ besorgt.

Als wir ihm dann abends das geld zurück geben, ist ihm das sehr peinlich. Seine brüder und neffen sollten wohl nicht mitbekommen, dass wir ihm seine auslagen zurück erstatten.

Die iranische gastfreundlichkeit ist überwältigend. Aber Ta’arouf darf man auch als ausländischer gast nicht außer acht lassen.