ÜBER REDET

   Sharm el Sheikh, 3-12-08

Wenn ich wegen des besseren wetters im winter in den süden Irans einreisen will, geht das nach erfahrungen anderer radler am einfachsten per fähre aus den Arabischen Emiraten. Aber dorthin muss ich per flugzeug, weil Saudi-Arabien radlern kein visum erteilt. Darum fliege ich am 19. 12. von Kairo nach Mascat im Oman.

Aus diesem grund ist Ägypten überhaupt erst teil meiner radreise geworden. Doch nur auf dem Sinai moechte ich radeln. Dann mit dem bus zum Kairoer flughafen. Dem verkehrschaos dieser stadt will ich mich nicht aussetzen.

Radfahren im Nil-tal ist seit den terroranschlägen ende der 90er jahre nur eingeschränkt möglich. Manche strecken sind völlig gesperrt, andere nur im konvoi zu radeln. Die ägyptische polizei handhabt diese regelungen aber nicht einheitlich. Konvois gibt es kaum noch. Stattdessen radfahrverbote. Manche risikofreudigen radeln dennoch am Nil entlang.

Markus will unbedingt durch die ‚Weiße und Schwarze Wüste‘ fahren. Das sind landschaftlich besonders eindrucksvolle teile der ägyptischen wüste im westen des landes richtung Lybien. Von anfang an habe ich abgelehnt, diesen riesen bogen mit zu machen. Denn vom Sinai aus will er erst per fähre nach Hurghada übersetzen. Von dort zum Nil. Dann noch 1200 km durch die wüste bis Kairo. Er hat zeit bis zum 22. Dezember. Dann kommen seine Eltern dort an.

Jo und Lucy schwärmen seit ihren beiden Nil-kreuzfahrten von Luxor und Karnak, Assuan und Abu Simbel. Als sie abends in Sharm el Sheikh Markus und seine pläne kennen lernen, meinen auch sie, ich sollte mir die chance, die einzigartigen sehenswürdigkeiten am Nil zu besuchen, nicht entgehen lassen. Wir überlegen viele varianten, informieren uns in reisebüros nach möglichkeiten und gefahren. Die auskünfte sind unterschiedlich. Aber alle meinen, dass zwischen Hurghada und Luxor sowie im Niltal radfahren von der polizei unterbunden wird.
Markus hat die gleichen informationen aus dem internet. Weil ich bis zum 19. Dezember noch genügend zeit habe, lasse ich mich zu einem kompromiss überreden: per fähre nach Hurghada, per bus nach Luxor. Weitere 200 km bis zum beginn der wüste mit bahn oder bus. Von dort ’nur‘ die schönsten 700 wüsten-km radeln. Die letzten 300 km bis Kairo wieder im bus.

Markus hat genaue infos über abstände zwischen oasen, ambulanz-stationen und polizei-posten. Nie werden wir mehr als 70 km ohne versorgung sein. Wir werden immer auf befestigten straßen fahren, überwiegend sogar auf gutem asfalt. Und ein wenig verkehr wird es auch geben auf dieser straße.

Ich bin  schon sehr gespannt, was mich da erwartet. Mächtige sanddünen, fruchtbare oasen, bizarre steinformationen, sternenklare nächte, malerische sonnenauf und -untergänge. Lange, endlos erscheinende geraden, stetiger wind, unendliche weite, karge, stille schönheit. Das sind genau die charaktristika, die ich in einer landschaft erradeln will. Hier kann ich die monotonie finden, die meine unruhe stillt, den rhythmus, der mir die hektik nimmt, die langsamkeit, in der meine ungeduld verschleißt.   

Gleichzeitig habe ich auch große bedenken, ja ein wenig angst, weil in diesem abschnitt extreme bedingungen herrschen, die viele unwägbarkeiten in sich bergen.

Im Iran, in Zentralasien und in China warten ja noch genügend wüstenabschnitte auf uns. Wieso will ich jetzt kurz vor weihnachten noch sieben tage wüstensand fressen? Weil dieser wüstentrip das erste wirkliche abenteuer auf dieser reise und in meinem leben werden könnte.